Ob als Kind oder Erwachsener – für viele ist es eine prägende Zahnarzt-Erfahrung: Der Geschmack der Abdruckmasse und der möglicherweise entstehende Würgereflex, wenn ein Abdruck der Zähne erstellt wurde. Lange Zeit war dies ein notwendiges Übel. Denn die Abdrücke, aus denen schließlich Gipsmodelle des Gebisses hergestellt wurden, benötigten Zahnmediziner, um Zahnersatz herstellen zu lassen oder eine kieferorthopädische Behandlung zu planen.
Dank der Digitalisierung sind diese Zeiten in modern ausgestatteten Praxen inzwischen vorbei. Vor rund 30 Jahren kamen die ersten Intraoralscanner zum Einsatz – zunächst im universitären Umfeld. Damals waren die Ergebnisse nur begrenzt einsetzbar und wenig zufriedenstellend. Nach mehr als drei Jahrzehnten der Forschung und Entwicklung sind heute allerdings Geräte auf dem Markt, die in kürzester Zeit ein digitales, dreidimensionales Abbild des Gebisses ermöglichen.
Bei einem Intraoralscanner handelt es sich – vereinfacht gesagt – um eine Kamera. Je nach System macht sie in schneller Folge Fotos oder Videosequenzen der Zähne und setzt sie im Computer zu einem Gesamtbild zusammen. Ebenfalls je nach System werden die Zähne mit einem Pulver abgepudert oder nicht. In jedem Fall erfolgt der Abdruck digital, berührungslos und für den Patienten dadurch angenehm.
Für den Zahnarzt bietet der digitale Abdruck noch eine Reihe weiterer Vorteile: Er hat die Daten direkt als digitale Datei im Computer, kann sie langfristig speichern oder an das zahntechnisches Labor weiterleiten. Damit beschleunigt sich die Herstellung von Brücken, Kronen oder Prothesen. Hat die Zahnarztpraxis eventuell sogar eine eigene Keramikfräse, lassen sich Inlays und Kronen direkt in der Praxis während des Behandlungstermins produzieren. Und auch für die Herstellung von Zahnschienen oder Veneers liefert der Scanner die notwendige Datenbasis.
Doch wie sieht es mit der Genauigkeit aus? Auch hier punktet der Intraoralscanner. Denn der Abdruck war für den Patienten nicht nur unangenehm, sondern auch fehleranfällig. Ein Fehler im Abdruck, der unbemerkt blieb, zog seine Folgen bis zu späteren Behandlungsschritten nach sich. In vielen zahntechnischen Laboren wurden die aus dem Abdruck gewonnenen Gipsmodelle übrigens eingescannt, um dann digital arbeiten zu können. Durch den Scan in der Praxis entfallen diese zeitaufwändigen und fehleranfälligen Zwischenschritte ebenfalls.
Das Potenzial der Intraoralscanner ist noch weitaus größer als die Nutzung für einmalige digitale Abdrücke. Sie können regelmäßig eingesetzt werden, um den Behandlungsverlauf zu dokumentieren. Zusätzlich sind sie auch für die Kariesprophylaxe geeignet. Verändert sich die Färbung des Zahnschmelzes, kann die Software das sehr viel früher erkennen als ein Mensch. Der Zahnarzt kann dann in einem sehr frühen Stadium die Behandlung einleiten. Kurz: Die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Zahnbehandlung sind bereits heute vielfältig und sind trotzdem noch weit davon entfernt, voll genutzt zu werden.